Science Fiction. Mehr als Pulp.


Dritter Platz Kurd-Laßwitz Preis 2025 mit der Erzählung Slide Machine. Mehrfache Preisträgerin des zeilen.lauf Lyrikwettbewerbs und Stipendiatin des Tandem Letterario.


Quelle: @exodus_magazin

Dritter Platz beim

Kurd Laßwitz Preis 2025

“Slide Machine“

Wir waren ein und dieselbe Person. Gebunden an dieselben Prinzipien. Perfekt füreinander geschaffen.«

 Jesse rutschte nervös auf dem reich verzierten Sofa hin und her. Der Salon ihrer besten Freundin Regina roch nach runzligem, alten Holz. Nach Weisheit.

 »Und du bist dir sicher, dass ... Alec es auch so gesehen hat?«, fragte Regina und sah Jes-se mit leuchtenden Augen an. Augen so grün wie frische Grashalme, die sich gern durch die Fugen von Kinderhänden schnitten.

»Wenn es nicht so wäre, könnte ich gar nicht reisen. Nichts von dem wäre möglich, verstehst du? Ich würde nicht einmal hier sitzen.« Sie schaute sich um, betrachtete die expressionistischen Gemälde, den Esszimmertisch und die alte, schwere Obstschale, die darauf stand. 

  Regina lächelte bitter. »Nun, ich hoffe, das bedeutet, dass du mich trotzdem besucht hättest. Wenigstens einmal und nicht nur, weil du auf dem Weg nach Süden warst.«

      »Natürlich«, erwiderte Jesse, aber es war bestenfalls eine schwache Antwort. Regina war schon immer in der Lage gewesen, Jesses Abwehrmechanismen zu durchschauen. Schon seit den Zeiten der High School.

Out now:

Sie fand das Mädchen angezogen und unbewegt – wie erwartet – mit einem Blick voll grimmiger Zufriedenheit.

»Ich denke nicht, dass du mir die Kleider wechseln musst«, sagte sie.

»Das sind die Regeln.«

Nastea seufzte tief. Sie konnte ihre Lungen in vollem Umfang nutzen.

»Ich hasse diese Verschwendung. Fünfmal am Tag die Laken wechseln, jede Nacht die Böden schrubben …was ist der Sinn davon?«

Asya antwortete nicht. Nastea dachte immerzu an den tieferen Sinn und Zweck der Dinge. Sie war eines dieser Mädchen gewesen, die in dem Glauben aufwuchsen, dass es Gerechtigkeit gab. Asya war das nicht. Dafür hatten Nastea und ihre Freunde gesorgt, damals, als sie Asya zum Spaß an Bäume banden, um ihre bleiche Haut in der Mittagssonne brennen zu sehen. Als sie über ihr weißes Haar lachten und über ihre fehlenden Freunde.

Jetzt brauchte sie keine Freunde mehr. Und niemanden interessierte ihr Haar in Eden.

Sie kamen aus demselben Dorf, mitgenommen am selben Tag. Ein Tag, an den sich Asya nur zu gut erinnerte. Als die Mädchen aufgereiht wurden, taten Nasteas Eltern nichts. Asyas Mutter allerdings zückte ein funkelndes Messer und schnitt das Gesicht ihrer eigenen Tochter von der Schläfe bis zur Lippe auf, auch wenn sie dafür teuer bezahlen musste. Denn Asya wurde damit wertlos als Mädchen und nur noch als Zofe brauchbar.

Sie hatten beide den gleichen Namen, Anasthasia. Anasthasia die Wiedergeborene, die Ewige. Als sie genommen wurden, wurde beschlossen, sie nicht zu trennen, sodass sie zwei Seiten desselben Ganzen bleiben durften, selbe Medaille, selbes Dorf.

Am Ende Eden

Out now:

Der Schnee, allmächtig und grausam, wie er war, erstickte die Erde wie eine weiße Decke. Von Horizont zu Horizont.

Inmitten dieses hohen Plateaus schlug eine Gruppe von Kriegern ihr Lager auf. Ihre Schlittenhunde verspielt und robust, gehalten von klugen Männern, die sich ebenfalls der Kälte und der bittersüßen Kargheit dieses Landes angepasst hatten. Sie trugen allesamt dicke, zerzauste Fellmäntel und glichen erdfarbenen Flecken in der bleichen Wildnis.

Eine einsame Figur wendete sich von der Gruppe ab - er war größer als die meisten Männer und stand aufrecht, wo andere eingesunken waren - mutig, wo andere schauderten. Ein Anführer, kein Zweifel, wenn auch ein melancholischer. Isolation der Gruppe bevorzugend. Selbst als ein kleines Feuer begann, in der Mitte des Lagers zu flackern, und die Männer sich darum versammelten, schien es ihn nicht zu interessieren.

»Ein Geisterreich aus Weiß.« murmelte er.

Weiß wie sein Gesicht, das sich dem Schnee angepasst hatte, weiß wie einzelne Haarsträhnen, losgelöst von seiner dicken Fellmütze. Haarsträhnen die sich im Wind verloren.

Sein Geist schien leer - ein Mysterium für seine Untertanen. Es war Tradition, dass die Anführer der Berghunot über ihre inneren Irrungen und Wirrungen Stillschweigen behielten, doch Nargui war besonders vorsichtig. Denn als Bleicher geboren, war er das Sprachrohr des Schwarzen Gottes - er gehörte dem Schnee an - der Kälte, der Dunkelheit.

Unglücklich geboren hatte er nur das Glück, dass seine Schwester ein dunkleres Omen trug. Seine Schwester Alurchin, die Mörderin.

Schattenfeuer